AUSSTELLUNGSHALLE - Schulstraße 1a HH - 60594 Frankfurt a.M. - Tel.:069/96200188
Pressestimmen


 


Die Dinge

Karsten Botts Sammlung

Von Sandra Danicke

Erst kommt einem ja alles ganz harmlos vor, wegen dem Kniestrümpfe-Pappetikett, dem Biologie-Schulheft und dem Plastikherz. Die Kondome, die Clownströte, Kronkorken, Flachmann und Kippen rü cken die Sache dann aber doch in ein anderes Licht. Spätestens beim Villinger Faschingsabzeichen, dem Feuerzeug in Frauenkörperforrn, der Frigeo-Brause weiß man, wie der Hase läuft. Und wohin sowas führt, das erfährt man dann auch: Familienfotos, Tabletten, Gebiss und Hornbrille. A propos Großeltern: Die Handgranate, Spielzeugpistole, DDR-Fahne, der Personalausweis schlenkern mal eben zur deutschen Geschichte - falls man das so interpretieren möchte.

Bei Karsten Bott kommt eins zum anderen, und das Ergebnis ist immer ganz viel. Sind extrem viele Dinge, massenweise Gegenstände, die der Künstler immer wieder neu anordnet und damit Geschichten erzählt. Zum Beispiel die: Stempel, Büroklammer, Cassette (~Neue Denkanstöße für Manager"), ein Einkaufszettel, eine Schachtel mit "hübschem Spielzeug", ein Brötchen, ein Ei. Muss der Möchtegernmanager also nach dem Büro noch mal zum ar Supermarkt, es gibt Frikadellen, und das Kind hat Geburtstag.

 

Seife, Zahnbürste, Lockenwickler und Klammern. Daneben ein Rasierer, eine Strumpfhose, ein Wecker - klar: Kofferin halt, auch klar: ein Pärchen. Von den Ohrringen führt der Weg zu Manschetten, zu Knöpfen, zu Nähgarn,, Stricknadeln, Strickliesel, und da sindwir in Gedanken auch schon wieder ganz woanders.

Zu jedem Ding dieser Welt führt eine Assoziationskette, alles hängt mit allem irgendwie zusammen. Und ist schön, so wie es da liegt, wie Karsten Bott es zusammenstellt, diesmal in der AusstellungsHalle Schulstraße, wo er unter dem Titel Von Jedem Eins, klein" Gegenstände in alten Vitrinen zeigt. Schön wie die Welt, wenn man sie ohne Vorbehalte betrachtet. Dann sieht wertvoll aus, was sonst nur Abfall ist oder Kellerinhalt. Karsten Bott sammelt Dinge, die ande re wegwerfen. Er tut es seit Jahren und dies obsessiv: ob gebrauchte Zahnbürsten, leere Milchtüten, zerknatschte Kaugum mis - der Frankfurter Künstler hortet Tonnen von Zeugs, archiviert und katalogi siert es. Das hat etwas Wahnsinniges. Gleichzeitig sind es Dinge, die wir perrna nent benutzen. Das finden wir schließlich auch nicht absurd. Genauso wenig wie das Nebeneinander von Würsten, Badeanzug Models, Operationen, das verweste Bein des Bergsteigers George Mallory - Bilder, die Karsten Bott aus Zeitschriften ausgerissen und in einem von mehreren Büchern zusammengeklebt hat.

Noch bis morgen, 21. Mai, Schulstraj3e la HH. Am heutigen Samstag und Sonntag ab 21 Uhr werden Filme von Karsten Bott gezeigt.

(Frankfurter Rundschau Kulturspiegel vom 20.05.00)

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Badegastplastik

Ernst Czaroneks Skulpturen

Von Nikolaus Jungwirth

Unabhängig vom stromlinienförmig verlaufenden Kunstbetrieb. der in den eleganten etablierten Galerien gepflegt wird, öffnet Robert Bock seine Sachsenhäuser ,AusstellungsHalle" auch, eher randständigen Produktionen. Gegenwärtig, zeigt er in dem ehemals von einer Wäscherei genutzten Hofgebäude Holzskulpturen, deren robuste Anmutung sich gut in das nüchterne Ambiente des großzügigen Gewerberaum einfügt. Es ist die erste Galerieausstellung, in. der die noch weitgehend unbekannten Arbeiten präsentiert werden. Im Unterschied zu ihnen ist ihr Schöpfer Ernst Czaronek längst eine bekannte Person des öffentlichen Lebens. Der Mann mit Bürs haarschnitt und Seehundbart mit der breitten Brust und den muskulösen Beinen ist jedem Besucher des Frankfurter Stadion Freibads ein Begriff. Hier versieht er seinen Dienst als Bademeister. Kaum einer der Badegäste ahnt, dass in, diesem sportiven Körper eine Künstlerseele ruht. Der Holzbildhauer ist ein klassischer Autodidakt ' der zunächst alte Bilder vom Flohmarkt sammelte. Später kopierte er Picasso-Reproduktionen und fand dann. zu einer seinem kraftstrotzenden Körper.' angemessenen Ausdrucksform:

Mit Kettensäge, Axt und anderen groben Werkzeugen verfertigt er aus Baumstämmen und Astgabeln zum Teil überlebensgroße Figuren. Die durchweg weiblichen Akte, die in',' der Ausstellung zu sehen sind, erinnern in-" ihrer ungeschlachteen, archaischen Einfachheit an mythische Ahnen- und Göttergestalten aus der animistischen Vorstel-, lungswelt von Naturvölkern.

Obwohl sie weder im , afrikanischen, Dschungel noch am palmenbestandenen'-,'Südseestrand, sondern am betonierten Rand eines beheizten Schwimmbeckens entstanden, wirken die stehenden, liegenden, hockenden als Torso, aber auch in" tänzerischer Bewegung dargestellten Figuren ausgesprochen exotisch. Auch die auffällige Bemalung verleiht ihnen nichts poppig Aktuelles. Sie sind durch Welten von den Vorbildern im Badeanzug und Bikini getrennt, die der Bademeister in reicher,. Auswahl an seinem Arbeitsplatz zu sehen-, gewohnt ist. Denn Ernst Czaronek liefert keine Abbilder des städtischen Badepublikums. Seine urwüchsigen Frauengestalten sind nicht Ergebnis realistischer Beobachtung, sondern Produkt subjektiver Imagination. Sie entstammen dem inneren Vorrat archetypi szlier Bilder und bilden einen ästhetischen Kontrast zum Erscheinungsbild des modischen Freizeitwesens und dessen affirmativer künstlerischer Verarbeitung.

(Frankfurter Rundschau Kulturspiegel vom 16.11.00)


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Wo Schmeißfliegen irren

Astrid Strickers Zeichnungen in der AusstellungsHalle

Von Sandra Danicke

Das Geräusch reicht schon. Brrr und es schüttelt einen. Erreicht Frequenzen, die Abscheu erregen. Schmeißfliegensirren -igitt. Astrid Stricker zeigt ein kurzes Video von Fliegen, die durch einen Kasten fliegen. Oder besser. irren. In erster Linie zeichnet sie aber, und zielt auch hier auf das Unbehagen. Ein rational nicht unbedingt nachvollziehbares Unwohlsein, das beim Betrachten der Bilder unwillkürlich aufkommt. Dabei ist nur sehr selten wirklieb Ekliges darauf zu sehen, wie ein von Fliegen übersäter Leib. Einem anderen sitzen die Insekten in den Augen und am Geschlecht, was sowohl mangelnde Hygiene als auch Verwesung suggeriert, jedenfalls unangenehm ist.

Meistens sind auf ihren Bildern, die derzeit in der AusstellungsHalle Schulstraße zu sehen sind, aber nur Menschen abgebildet, ohne Tiere, spärlich bekleidet oder nackt. Grobschlächtige Menschen mit breiten Hälsen, dicken Fesseln und schütterem, strähnigem Haar. Einige sind verwachsen, manchmal im wahrsten Sinne des Wortes, miteinander zum Beispiel. Oder sie haben drei Arme, keine Beine, oder die Hände sind an der Backe festgewachsen. Andere sind am ganzen Körper voller Haare, einer zieht sich Nadel und Faden durch Penis, Bauch, Brust bis in den Mund. Aua.

Oft sind aber nur die Proportionen ein wenig verschoben, sind etwa die Köpfe zu groß oder klein geraten, wirken die Abgebildeten einfach ein wenig ungelenk und tumb. Als wüssten sie nicht, was mit Körpern zu tun sei, betasten sie sich, haben ihre Haare miteinander verflochten, tragen Sattel, klappen ein Unterlid herunter, fädeln sich auf Einer Figur wächst ein Penis aus der Hand in den, Mund. Erotisch mutet das nicht an. Eher kafkaesk wie Vieles in den Bildern der Frankkrter Künstlerin, die immer etwas Unterbewusstes zu markieren scheinen: Träume, Angste, Unbehagen.

Die Figuren sind mit Bleistift auf weiße Blätter gezeichnet, als Umrisszeichnungen, ein bis zwei Striche dick und isoliert. Doch das Demonstrieren technischer Virtuosität scheint das Letzte, worum es Astrid Stricker geht. Entscheidend ist ein ganz bestimmter, oft nicht verbalisierbarer Ausdruck, den Stricker mit erstaunlich reduzierten Mitteln erreicht. Bisweilen verweisen radierte Partien als schmierige Stellen auf den Bildfindungsprozess. ist der erwünschte Ausdruck gefunden, ist ein "Fertigzeichnen" oft nicht mehr nötig, dann fehlen die Körper vollendenden Striche. Oder vielmehr: Sie fehlen nicht, denn Astrid Stricker passt immer den richtigen Moment ab. Dann, wenndas Gefühl in der Magengrube am intensivsten ist, die Fragen am drängendsten sind.

(Frankfurter Rundschau Kulturspiegel vom 04.04.2000)

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Städelschülerin stellt in Sachsenhäuser Galerie aus

Sachsenhausen-Traumgesichter, Phantome, die einmal kaum greifbar verblassen, um sich ein anderes Mal um so schmerzhafter ins Gedächtnis einzubrennen - das ist die Welt der Künstlerin Astrid Stricker. Einige ihrer Werke - allesamt Zeichnungen und Videoinstallationen - sind in einer Ausstellung zu sehen, die am Freitag, 31. März, um 19 Uhr in der Ausstellungshalle in der Schulstraße 1 A eröffnet wird. Dann können sich die Betrachter selbst ein Bild von der Aussage machen, die sich beispielsweise hinter einem Körper verbirgt, der sich gerade durch ein Meer von Fliegen hindurchkrault. Ermöglicht wird diese Ausstellung durch die Unterstützung der Deutschen Bank.

Astrid Stricker, 1964 in Eckernförde (bei Kiel) geboren, studierte von 1989 bis 1994 am Städelschen Kunstinstitut,..

Ziel ihrer Darstellungen ist es, durchaus vertraute Gefühle wie Schmerz, Angst, Lust und Begehren auf eine beunruhigende Art und Weise körperlich zu visuahsieren - wie sie dem Menschen sonst nur aus seinen Träumen und Albträumen vertraut sind. Nicht selten fühlt sich der, Betrachter dabei an jene grotesken Gestalten erinnert, wie sie Herodot und andere antike Autoren am Rande der damals bekannten Welt ansiedeln. (got)

(Frankfurter Rundschau vom 21.09.2000)

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Spaziergänge mit den Augen

"Ruhelos" in der Zeit-Kurve - Die AusstellungsHalle eröffnet eine Präsentation mit Werken der Frankfurter Künstlerin Saskia Schüler

Von Dorothee Baer-Bogenschütz

Scharf geht Saskia Schüler in die Kurve. Dabei hockt sie am Tisch wie an einer Nähmaschine, lässt riesige "Stoffmengen" unter ihren Händen flink entlang gleiten, und die Striche, die sie währenddessen macht, sehen aus wie Stiche. l~ Mit spitzem Stift, unglaublicher Geduld und glasklarer Konzeption überträgt sie das Pixelraster einer Computerzeichnung Strichfolge für Strichfolge auf eine semitransparente Kunststofffolie, wie sie auf Baustellen zur Abdeckung verwendet werden. Der ungewöhnliche Bildträger ist mit 260 mal 200 Zentimetern größer als ein gewöhnliches Doppelbett, passt so gerade auf den Boden im hinteren Atelierraum und dient dazu, eine bemerkenswert banale geometrische Gestalt aus der zivilisierten Welt ausstellungsfähig aufzubereiten: eine Straßenkurve. Ohne Autos, ohne alles andere. So weit, so gut.

Nun ist die Kurve freilich nicht fürs dumme Herumliegen gedacht, sondern für die Präsentation in einem Raum, wo sie frei hängen kann, Ihn bietet die Sachsenhäuser AusstellungsHalle". Dort will die Frankfurter Künstlerin vom 4. August an für knapp zwei Wochen Besucher zum Betrachten der beiden Seiten ihrer Folie auffordern.

Je nachdem, ob man die Vorder- oder Rückseite anschaut, sieht man eine Rechts- oder eine Linkskurve.

"Rechts" und"Links" sind auch die Worte, die auf einem anderen, thematisch verwandten Baufblien-Bild tausendfach in Rot undSchwarz in akkuraten Buchsta benkolonnen untereinander stehen. Nichts Besonderes? Doch. "Es geht mir nicht bloß darum,. einen Begriff zum Bild werden zu lassen" sagt Saskia Schüler,"sondern mit meinen Arbeiten einen Be-Eindruck, zu vermitteln

Wer Schülers Kunstwerk mit den Kurven umrundet hat, hat eben nicht nur Echtzeit investiert, sondern gewinnt den im Rahmen eines fiktiven Zeitfensters zugleich eine bestimmte Wegstrecke durchmessen zu haben. Saskia Schüler denkt dialektisch um die Ecke.

Ihre Schranke", nach einem ähnlichen System per,Computer und in unermüdlicher Handarbeit reproduziert, funktioniert ebenso. Diesmal hat die Malerin, die 1994 begann, auf den PC umzusteigen, ein Bleistiftraster mit Acrylpixeln übersäht, .........

(Frankfurter Rundschau vom 02.08.2000)

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F R EI BAD

Kunst und Kopfsprung

Er ist Frankfurts bekanntester Künstler - wenn auch vorerst noch nicht dank seines Werks, sondern seiner Person. Der Mann mit dem Bürstenhaarschnitt und dem Seehundbart, mit der breiten Brust und den muskulösen Beinen ist jedem Besucher des Stadion-Freibads ein Begriff. Seine athletische Erscheinung verleiht Ernst Czaronek die nötige Autorität, wenn er die übermütigen Halbwüchsigen zurechtweist, weil sie die Rutschbahn hinaufklettern oder auf der Liegewiese Ball spielen. Denn er ist hier nicht zum Vergnügen, sondern versieht seinen Dienst als Bademeister.

Kaum einer der Badegäste ahnt, dass dieser kraftstrotzende Körper von sensiblem Sinn für die Kunst beseelt ist, der sich in sehr eigenwilligen Produktionen Ausdruck verschafft.

Der sportive Künstler ist ein klassischer Auiodidakt. Sein Interesse für die Kunst wurde auf dem Floh marki geweckt, wo er alte Bilder entdeckte und sammelte. Später fand er darin zu einer neu Ausdrucksform, die seiner Physls angemessen ist: Mit Kettensäge, Axt und anderen robusten Werkzeugen verfertigt er zum Teil überlebensgroße Holzskutpturen.

Schon die erste Ausstellung seiner Arbeiten findet in einer bereits renommierten Galerie statt : in der Sachsenhäuser Ausstellungshalle, von Robert Bock.

(Journal Frankfurt vom 21.07.2000)

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Kontext macht Kunst

"The Art or the Kartoffelquestion": Erdelmeier & Schneider

Von Sandra Danicke

Zunächst mal Kartoffeln, dann Architektur. Natürlich könnte man auch von Malerei sprechen. Oder von sozialphilosophischen Modellkonstellationen. In Wahrheit sind Kartoffeln aber nun mal in erster Linie Kartoffeln. Als solche haben sie in der Kunst nichts zu suchen. Würde Ad Reinhardt wohl sagen. Einer wie, sagen wir Beuys, würde das vermutlich anders sehen - aber nochmal von vorne: In der AusstellungsHalle Schulstraße hegen Kartoffeln auf dem Boden verstreut. Thomas Erdelmeier und Manfred Schneider haben sie dort hingelegt. In eine hölzerne Rahmenarchitektur geworfen, die ein wenig an eine Mischung aus Gewächshaus und Hasenstall erinnert und also Landwirtschaft symbohsiert. Oder doch nicht? Vielleicht sind die goldbraunen Knollen, die sich zu seltsamen Formationen zu fügen scheinen, auch eine Referenz an Jackson Pollocks All-over-Drippings. Könnte natürlich auch sein, dass die Kartoffeln Bevölkerung symbolisieren. Schaut man aus dem hölzernen Kiosk, den die Künstler dahinter gesetzt haben, in Richtung Kartoffelfeld, sieht es ein wenig so aus. In dem Kiosk befindet sich ein Mikrophon, man kann von hier aus zur Masse sprechen.

 

Zu den Kartoffeln also. Natürlich auch zu den Besuchern, vorausgesetzt, man hat etwas zu sagen. Wie Mirek, der sein Kartoffelsuppenrezept mitteilt oder Thomas, der die deutsche Kartoffel ernphatisch-ironisch zum Blut-und-Boden-Symbol stilisiert. Oder der Sozialpädagoge Klaus Ronneberger, der als Eröffnungsredner über städtische und vorstädtische Lebensräume referiert. ,The Art or the Kartoffelquestion" ist der Titel der Ausstellung, und die Kartoffelfrage lässt sich so einfach nicht klären. Vorausgesetzt, es geht nicht um Sieglinde oder Galatiner, um festkochend oder mehlig, sondern um die Frage, was denn daran nun eigentlich Kunst sei. An den Kartoffeln etwa. In die kann man interpretatorisch ja so ziemlich alles hineindichten. Energiespeicher etwa, agrarpolitische Utopien oder Kartoffelsalat.

Die Kartoffel als Projektionsfläche lässt sich mit Inhalten füllen, genau wie der Kiosk. Oder ein Aschenbecher, der sowohl Kippengefäß als auch Design oder Kunst sein kann - je nachdem. Ein Stein kann ein Kunstwerk sein, wenn er im Galerieraum etwas Bestimmtes exemplifiziert. Auf der Straße ist er ein Stein. Genauso ist es mit Staubtüchern. Oder Kartoffeln. Kontext macht Kunst, und alles macht Sinn. Mit den Augen der Kartoffel betrachtet bestimmt.

(Frankfurter Rundschau vom 01.11.2000)


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Aus der Kapelle in den Boxring

Herbst in der Seele: Die Frankfurter Galerien beginnen die Saison

Lucian Freuds graphisches Werk, das jetzt bei der Galerie Meyer-Ellinger zu sehen ist, stellt ohne Zweifel den Höhepunkt des diesjährigen "Saisonstarts" der Frankfurter Galerien dar. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Marlborough Fine Art London und der Matthews Marks Gallery New York zustande kam, ergänzt aufs Glücklichste eine Ausstellung mit Gemälden Freuds, die Ende September im Frankfurter Museum für Moderne Kunst beginnt. Meyer-Ellinger zeigt wird eine.bestechende Auswahl von Radierungen des großen britischen Künstlers, die vornehmlich aus den achtziger und neunziger Jahren stammen. Ein grandioses "Self Portrait, Reflection" von 1996 ist für-85 000 Mark zu haben (Nummer 45 aus der Auflage von 46 Exemplaren). Freuds stupende Kunst, einen Menschen zu erfassen, wird in seiner 1999 entstandenen Radierung l'Head of an Irishman" besonders anschaulich. Unter seinen Mädchenköpfen, von denen Meyer-Ellinger eine berückende Auswahl präsentiert, besticht "Head of Ib" aus dem Jahr 1988 durch herben Ausdruck (18 000 Mark). Die Radierung "After Chardin", entstanden erst in diesein Jahr für die grandiose "Encounters" -Ausstellung der Londoner National Gallery, ist das letzte noch verfügbare Blatt der Auflage von insgesanmt 46 Exemplaren, gut 60 mal 73 Zentimeter groß. Das Blatt ist mit 80 000 Mark angesetzt, Die Körperlichkeit und ihr Verfall sind die eroßen Themen von Lucian Freud, die er dem Betrachter oft mit erschrekkender Deutlichkeit vor Augen führt. Eine nicht übermäßig attraktive "Woman with arm tattoo" ist auf einer 60 mal 43 Zentimeter großen Radierung aus dem Jahr 1996 zu sehen (56 000 Mark). (Bis 4. November.) Nicholas Serota von der Londoner Tate Gallery zeigte für den Frankfurter Künstler Thomas Kilpper deutlich mehr Interesse als die ortsansässigen Galeristen: Als der Absolvent der Städelschule, der zur Zeit mit einem Stipendium der Hessischen Kulturstiftung ein Jahr lang in London arbeitet, seine dort entstandene Installation "Orbit House", bestehend aus einem Riesenholzschnitt und Stoffdrucken, vor kurzem in der South London Gallery ausstellte, erwarb Serota gleich eine ganze Reihe der Arbeiten von Kilpper.

Kein Echo bei den Frankfurter Galeristen hatte der Künstler gefunden, als er 1998 im benachbarten Oberursel seine ganz ähnlich konzipierte Meisterschülerarbeit im einstigen "Camp King" vorstellte. Und jetzt ist es auch eine sogenannte Off-Galeristin, Natalie de Ligt, die in der Sachsenhausener Ausstellungshalle mit "Orbit House" einen der starken Eindrücke dieses Kunstherbstes in Frankfurt bietet.

Thomas Kilpper ist ein Historienmaler der unüblichen Art. Er setzt sich mit derGeschichte leerstehender Gebäude aus einander und schnitzt dort in den Holzboden "das, was dieser Ort erlebt hat". In "Orbit House", in der Nähe der Tate Mo dern, war die Suche ergiebig: Das herun lergekommene Verwaltungsgebäude aw den sechziger Jahren diente früher Ü printing office, also als Druckerei der Ar mee und beherbergte die orientalisch( Sammlung der British Library. Zuvo stand hier eine um 1780 errichtete, in Zweiten Weltkrieg zerstörte runde Kapelle, die 1910 zu einem jahrzehntelan~ überaus populären Boxring wurde. Di( bunte und an Figuren reiche Vergangen heit des "Orbit House" hat Kilpper dor in einen 400 Quadratmeter großen Parkettboden geschnitzt, als Druckvorlag( für faszinierende großformatige Bilde auf Stoff, Papier oder UV-Folie. Sie ko sten in Dreier-Auflage jeweils * 500( Mark, die einzelnen Bildteile des Holzbo dens, Meist etwa zwei mal 1,80 Mete groß, sind mit jeweils 4000 Mark ange setzt. (Bis 1. Oktober). In der Galerie Bärbel Grässlin fäll der Blick gleich auf den "Herbst in de Seele", wie in passender jahreszeitliche Entsprechung auf einem großen C-Print zu lesen steht, das einen aufgeklappte~ Cellokasten mit großem roten Munc zwei rote Handschuhe und grünes Gc strüpp zeigt. Werner Büttner hat diese fotografische Unikat im Jahr 1999 g( schaffen, das eine Aufnahme einer vo:

(Frankfurter Allgemeine Kunstmarkt vom 09.09.2000)


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