Desirée Windfuhr liebt diese Atmosphäre. "Das ist
hier ja quasi der Prenzlauer Berg von Frankfurt",
sagt sie, als der Discjockey, der inmitten der
Kleiderstangen thront, die Vinylplatte umdreht. Nach
französischen Chansons wabert jetzt Reggae durch die
alte Fabrikhalle im Hinterhof der Schulstraße 1A, in der
Frankfurter Modedesigner an diesem Wochenende die
Modemesse "Stilblüten" ausrichten.
Die Designer und Künstler präsentieren ihre Kleider und
Schmuckstücke zwischen den alten weißlackierten Küchenmöbeln,
deren Farbe abblättert, auf wackligen Kleiderstangen.
Ihre Läden heißen Cocolores, Tastbar, ichwareindirndl,
Mirabellenbaum und Paul & Paula und sind in dem
Quartier zwischen Brückenstraße, Textorstraße und
Schulstraße beheimatet. Dort fertigt auch Windfuhr,
deren Label den Namen "Penny 1 Black" trägt,
Ketten und Ohranhänger aus Briefmarken, sie sammele seit
zwei Jahrzehnten. Auf dem Tisch liegen ihre Unikate,
eingefasst in Glas und umrandet mit einer
Silber-Zink-Legierung. Ein Elefant, Pflanzen, Franz
Liszt. Sie fügt jedem Stück einen Anhänger bei mit
einem kurzen Text zu dem jeweiligen Motiv.
Dass es sich hier anfühle, als sei man am Prenzlauer
Berg, findet auch Standnachbar Alex Habermehl. Der
"Frankfurter Bubb" ist Fotograf, bildet die
Stadt jenseits des touristischen Blicks ab und bannt
anschließend jedes Foto auf quadratische Holzklötzchen.
"Was Berlin kann, können wir schon lange, hier gibt
es mehr als Mainhattan und Banken." Jede Menge lässiger
Leute zum Beispiel. Deretwegen reist auch Dietmar
Sebastian aus Osnabrück an. Der Schmuckdesigner
fabriziert silberne Ringe und Manschettenknöpfe und
liefert aus Blechdosen ausgestanzte Plättchen dazu. Die
kann man mit einem Magneten anklicken und in die
Ringfassungen setzen. Und fertig ist der passende Ring für
jede Garderobe.
"Stilblüten"
Die Frankfurter Designerin Stella Friedrichs hat die
Modemesse "Stilblüten" 2004 ins Leben gerufen.
Damals präsentierten eine Handvoll Modemacher ihre
Kollektionen in der Ausstellungshalle in Sachsenhausen.
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Schmuck, Taschen, Fotografien und kleines
Spielzeug sind inzwischen dazu gekommen. Eine Jury aus
Modefachleuten und Journalisten vergibt die "Stilblüte",
den Preis für eine besonders gelungene Kollektion.
Wer bei Stilblüten ausstellen will, der melde sich bei
stella@stilblueten-frankfurt.de. Weitere Infos gibt es
unter www.stilblueten-frankfurt.de (prek) Den Hut dazu
gibt es zum Selbstbauen gleich nebenan. Dort verkauft
Susanne Schmitt nämlich - abgesehen von diversen
Kopfbedeckungen für Damen - Hut-Schnittmuster. Aus reißfestem
und wasserdichtem Kunststoff. "Natürlich kann man
auch einfach seinen Duschvorhang zerlegen", sagt
sie, aber da müsse man das Schnittmuster abpausen.
Später am Abend streben immer mehr Leute in die
Schulstraße. Ein Mädel mit kurzer Lederjacke und
Nasenpiercing, einen grobgestrickten lilafarbenen Schal
um den Hals geschlungen, nimmt einen letzten Zug aus
ihrer Zigarette, die sie dann wegschnippt. Sie verschränkt
die Arme vor dem Körper. "Hier ist doch irgendwo
,Kunst im Hinterhof' sagt sie, ,Stilblüten' oder so, wo
geht's da lang?"
Was "Stilblüte" meint, eine sprachliche
Formulierung nämlich, die durch falsche Wortwahl
unfreiwillig komisch wirkt, scheint für die Modemesse
keine Rolle zu spielen. Vielmehr geht es um verschiedene
Mode-Stile, die in Sachsenhausen blühen, sagt Nina
Knecht von Tastbar. Auch der Name "Modemesse"
sei ein bisschen irreführend. Messe suggeriere, dass
Geschäftsleute kämen und große Mengen einkauften.
"Hier aber sind ganz normale Leute unterwegs, die
gucken und einkaufen", sagt die Designerin, deren
Entwürfe, Blusen und Shirts für Damen, meist in schwarz
und violett, an einer Kleiderstange neben ihr baumeln.
"Stilblüten" biete auch eine prima
Gelegenheit, Kreative im Sachsenhäuser Ponyhof zu
treffen, weil es doch schon ein bisschen wie auf dem
Prenzlauer Berg ist.
Frankfurter Rundschau vom 16.Dezember.2009 |